RFNBO und Wasserstoff als Erfüllungsoption für die THG-Quote

Stand: 26.04.2024

Wasserstoff kann bereits seit über hundert Jahren künstlich aus Elektrizität hergestellt werden. Hierzu können beispielsweise sogenannte Elektrolyseure genutzt werden, die aus Wasser und Strom, Wasserstoff und Sauerstoff erzeugen. Da dieser Produktionsschritt jedoch mit Umwandlungsverlusten einhergeht, lässt sich niemals die komplette Menge des eingesetzten Stroms energetisch nutzen. Gerade im PKW-Verkehr ist eine Direktelektrifizierung über batterieelektrische Fahrzeuge sinnvoller. Dennoch kann es Anwendungsgebiete geben, für die der Einsatz synthetisch gewonnenen Wasserstoffs notwendig wird, wie beispielsweise im Schwerlast- und Langstreckenverkehr oder über die Umwandlung in synthetisches Kerosin. Grundsätzlich können alle sog. RFNBO (Renewable fuels of non-biological origin) gem. der Anforderungen aus RED II/III, EU 2023/1184 und 1185 sowie der 37. BImSchV auf die THG-Quote angerechnet werden.

Die novellierte 37. Bundesimmisions-Schutzverordnung (BImSchV) ermöglicht Quotenerlöse für grünen Wasserstoff und RFNBO - unter dreifacher Anrechnung der energetischen Menge

Bereits seit 2018 ist es in Deutschland möglich, auch strombasierten Wasserstoff oder synthetisches Methan im Verkehrssektor für die Treibhausgasminderungs-Quote (kurz: THG-Quote) anrechnen zu lassen - bisher allerdings nur unter sehr hohen regulatorischen Hürden. Im März 2024 veraschiedete der Bundestag jedoch eine Novellierung der zuständigen 37. BImSchV, womit Deutschland die EU-Vorgaben gem. Erneuerbarer-Energien-Richtlinie und der zugehörigen Delegierten Verordnungen für RFNBO in nationales Recht überführt hat. Damit wird die Anrechnung einer großen Bandbreiter unterschiedlicher RFNBO auf die THG-Quote ermöglicht. Die neue Verordnung greift allerdings erst für RFNBO, die ab dem 1. Juli 2024 in Verkehr gebracht werden.

Grundsätzlich müssen zur Anrechnung von grünem Wasserstoff und RFNBO auf die THG-Quote die Strombezugskriterien erfüllt werden, die in der Delegierten Verordnung EU 2023/1184 festgelegt sind sowie eine THG-Mindesteinsparung von 70 % berechnet nach den Vorgaben in der zweiten Delegierten Verordnung EU 2023/1185. Zur Nachweisbarkeit dieser Aspekte müssen die Anlagen zur Produktion inkl. möglicher Lieferanten in einem von der EU-Kommission anerkanntem Zertifizierungs-System (bspw. REDcert EU oder ISCC EU) zertifiziert werden. Erst nach erfolgreicher Zertifizierung kann das produzierte RFNBO angerechnet werden - vorausgesetzt die Mindesteinsparung von 70 % wird eingehalten. Wichtig: Diese Vorgaben gelten im Rahmen der deutschen THG-Quote für RFNBO eingesetzt im Verkehrssektor, setzen aber ebenso die Standards für RFNBO eingesetzt in anderen Endverbrauchssektoren.

Die Anerkennung der Zertifizierungs-Systeme läuft derzeit noch. Bis dahin können Anlagen nicht abschließend zertifiziert werden.

Strombezugskriterien und Unterscheidung zwischen vollständig und teilweise erneuerbarem Wasserstoff

Die Strombezugskriterien aus EU 2023/1184 sind 1:1 in nationales Recht überführt worden und finden sich damit ebenfalls in der 37. BImSchV. Unterschieden werden muss zwischen vollständig und teilweise erneuerbarem Kraftstoff. Vollständig erneuerbarer Kraftstoff muss i.d.R. alle Strombezugskriterien erfüllen (vgl. nachfolgende Grafik zu Kriterien) inkl. Abschluss eines greenPPA. Teilweise erneuerbarer Kraftstoff muss diese Kriterien nicht erfüllen.

Demnach muss zunächst geprüft werden, ob der Kraftstoff überhaupt vollständig als RFNBO im Sinne der Verordnung einzustufen ist. Ein Elektrolyseur könnte bspw. nur durch Entwertung von Strom-HKN Netzstrom beziehen, ohne die weiteren Strombezugskriterien zu erfüllen. In einem solchen Fall würde der durchschnittliche EE-Anteil des konsumierten Stroms in Deutschland zwei Jahre vor dem Produktionsjahr herangezogen werden. Falls der EE-Anteil bspw. 50 % betrug, könnten maximal 50 % des so erzeugten Kraftstoffs als RFNBO anerkannt werden. In der Praxis ist eine Produktion rein über diesen Strombezug jedoch nicht möglich, da der in Deutschland relativ hohe Emissionsfaktor für Netzstrom berücksichtigt und i.d.R. die Mindeseinsparung von 70 % gerissen wird. Eine anteilige Produktion gemeinsam mit der Produktion von vollständig erneuerbarem Kraftstoff wäre aber ein gangbarer Weg.

Vollständig erneuerbarer Kraftstoff muss je nach Szenario der Strombeschaffung die in der Grafik aufgeführten Kriterien erfüllen, womit 100 % des erzeugten Kraftstoffes als RFNBO einzustufen sind. Bei einer anteiligen Produktion mit Strom, der diese Kriterien nicht erfüllt, hätten wir entsprechend weniger als 100 %.

Ein Beispiel: Ein Elektrolyseur bezieht 70 % Strom via greenPPA (Szenario 2 aus Grafik) und 30 % via Spotmarkt lediglich mit HKN-Entwertung. Bei einem EE-Anteil von 50 % im Netz, wären demnach maximal 70 % + 15 % = 85 % RFNBO, die restlichen 15 % könnten als low-carbon-hydrogen vermarktet werden, sind aber nicht für die THG-Quote zu verwenden. Ob tatsächlich 85 % als RFNBO gelten, entscheidet sich allerdings erst, wenn für die Gesamtmenge die Mindesteinsparung von 70 % eingehalten wird.

 
 

Mindesteinsparziel von 70 % und Berechnung der THG-Intensität von Wasserstoff und RFNBO

Die zweite Delegierte Verordnung mitsamt Annex (EU 2023/1185) beinhaltet die Methode zur Berechnung der THG-Intensität der verschiedenen RFNBO und der eingesparten THG-Emissionen und legt somit auch den Ausgangswert fest, die für die Minderungsmenge im Rahmen der deutschen THG-Minderungsquote vermarktet werden kann. Die für Deutschland zuständige 37. BImSchV verweist hierbei direkt auf die Delegierte Rechtsverordnung.

Grundsätzlich müssen sämtliche Emissionen des jeweiligen Produktionsprozesses erfasst werden (well-to-tank-Betrachtung). Dies beinhaltet die Emissionen der Einsatzstoffe (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) wie bspw. Strom, Wasser und Stickstoff, die Emissionen durch die Produktion (bspw. Leckagen oder Abfallbehandlung), sowie durch Transport und Verteilung (Trailer-Transport via Diesel-LKW oder Bereitstellung an der Tankstelle). Gerade bei Transport und Verteilung entstehen schnell kritische Mengen an Emissionen, da Diesel-LKW derzeit noch nicht durch nachhaltige Antriebe ersetzt werden können und die Tankstelle i.d.R. Grausstrom aus dem Netz bezieht und diesen mit entsprechend schlechtem Emissionsfaktor verrechnen muss.

Im Falle der Emissionen durch Einsatzstoffe gibt es für den Strom folgende Vorgaben: Bei vollständig als erneuerbar anerkanntem Wasserstoff bzw. RFNBO wird der zur Produktion verwendete Strom mit einem Emissionsfaktor von 0 kg CO2/GJ angerechnet. Darüber hinaus werden aber auch Vorgaben gemacht für nur teilweise als erneuerbar anerkannten Wasserstoff. Hierbei wird grundsätzlich die durchschnittliche THG-Intensität von Netzstrom für das jeweilige EU-Mitgliedsland herangezogen, in dem die Erzeugungsanlage für Wasserstoff steht. Da alle RFNBO aber eine THG-Einsparung von mindestens 70 % gegenüber der fossilen Referenz vorweisen müssen, ist aktuell eine Anerkennung mit den relativ schlechten Graustrom-Werten nur unter bestimmten Bedingungen möglich, wie beispielsweise der Schlüsselung der Emissionen auf etwaige kommerziell genutzte Nebenprodukte wie Wärme und Sauerstoff oder eine anteilige Produktion unter Einhaltung aller Strombezugskriterien (via greenPPA).

Diese so errechnete THG-Intensität des RFNBO darf nach Berücksichtigung der Mindesteinsparung maximal 28,2 kg CO2/GJ betragen, um für die THG-Quote anerkannt zu werden.

 
 

Von der THG-Intensität zur THG-Minderungsmenge

Ausgehend von der spezifischen THG-Intensität des RFNBO kann anschließend die THG-Minderungsmenge für die THG-Quote berechnet werden. Die obige Grafik geht von einem THG-Wert von 20 kg CO2/GJ H2 aus, womit sich eine rechnerische Minderungsmenge von fast 28 kg CO je kg H2 ergäbe (inkl. Dreifachanrechnung).

Diese Minderungsmenge reduziert sich jedoch mit der Zeit. Steigt die THG-Minderungsquote mit der Zeit an – wie es auch vom Gesetzgeber vorgesehen ist – so sinkt dadurch die Minderungsmenge durch grünen Wasserstoff, da auch dieser Wasserstoff die Reduktionsquote zu erfüllen hat. Abhängig von den erzielbaren Marktpreisen pro Tonne CO2 lassen sich die Zusatzerlöse durch grünen Wasserstoff herleiten. Wichtig: Bei einem Marktpreis von beispielsweise 130 € je Tonne CO2 ließen sich damit ab 2024 Zusatzerlöse von ca. 3,60 € je kg H2 erzielen.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die neue Regulatorik die Möglichkeiten für Zusatzerlöse für vollständig oder teilweise grünen Wasserstoff im Verkehr erheblich erweitert. Die Vielzahl an Ausnahmen und Sonderfälle, die Unterscheidung zwischen vollständig oder nur teilweise grünem Wasserstoff sowie die Notwendigkeit, THG-Intensitäten anlagenspezifisch zu berechnen und die Anlage zertifizieren zu lassen, erfordern jedoch eine sorgfältige Prüfung der regulatorischen Anforderungen. Bei all diesen Fragestellungen stehen wir euch zur Seite und übernehmen anschließend auch die Vermarktung der THG-Quoten.

 

Wir sorgen dafür, dass euer Wasserstoff quotenfähig wird, begleiten den Zertifizierungsprozess und übernehmen die Vermarktung der THG-Quoten für Wasserstoff.

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